Literatur und Journalismus
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- Category : Hans Werner Richter Literaturtage

8. Hans-Werner-Richter Literaturtage in Bansin
Literatur und Journalismus
Wissenschaftliches Kolloquium vom 12. bis 14. November 2015, Hans Werner Richter-Haus in Bansin/Usedom
Das Programm: HWR_2015
Das Verhältnis von Literatur und Journalismus wird üblicherweise auf die zumeist komplizierte Beziehung zwischen Autoren und Literaturkritikern reduziert. Unabhängig davon kam es im Zuge der literarischen Moderne aber auch auf der Ebene der literarischen Gattungen wie der publizistischen Textsorten zu produktiven Korrelationen. Die Adaption von Verfahren der Wirklichkeitsdarstellung in Massenmedien wie Zeitung, Rundfunk und Film, aber auch Werbung gehört seit der ‚Neuen Sachlichkeit‘ (A. Döblin, H. Fallada, E. Kästner) zu den typischen Merkmalen der auf ‚Objektivität‘ zielenden literarischen Realismen des mittleren 20. Jahrhunderts. Umgekehrt entwickelte sich in diesem Zeitraum unter Übernahme literarischer Darstellungsformen die Reportage als journalistische ‚Königs-disziplin‘ (E.E. Kisch, J. Roth). Die durch den Nationalsozialismus unterbrochenen Kontinuitätslinien literarisch-journalistischen Schreibens wurden in den beiden deutschen Literaturen der Nachkriegszeit wiederaufgenommen. Dem publizistischen-literarischen Engagement der wichtigsten Ver-treter der „Gruppe 47“ (A. Andersch, H. Böll, H.W. Richter) folgte mit den unterschiedlichen Formen der Dokumentar- und Protokollliteratur in West (A. Kluge, E. Runge, P. Weiss) und Ost (S. Kirsch, L. Scherzer, M. Wander) eine Radikalisierung bestehender Ansätze. Im Bereich der Repor-tage etablierten sich in Anlehnung an den angelsächsischen new journalism dagegen subjektivere Schreibweisen (N. Born, R.G. Brinkmann, J. Fauser). Diese Kontinuität-linien, so eine Arbeitsthese des Workshops, haben sich über den Epochenumbruch von 1989 hinweg in der Gegenwartsliteratur weitgehend erhalten.